Das schwache wirtschaftliche Umfeld in Deutschland sowie der gleichzeitig zunehmende Investitionsbedarf für die Flottendekarbonisierung stellt die Branche vor schwierige Entscheidungen. Zusätzlich wird in den kommenden Jahren ein beträchtlicher Anteil der Kraftfahrer in Rente gehen.
Auch im Jahr 2025 kommt die deutsche Wirtschaft bisher nicht nachhaltig in Schwung. Nachdem es im ersten Quartal erste Anzeichen von Erholung gab, sieht es im April bereits wieder weniger positiv aus: Die Mehrheit der Wirtschaftszweige in der deutschen Industrie verzeichnete laut Daten des Statistischen Bundesamts teils merkliche Dämpfer. So ging die Metallerzeugung und -bearbeitung um 6,7 % zurück, der Maschinenbau um 2,4 % und die Produktion von Metallerzeugnissen und Kfz beziehungsweise Kfz-Teile um jeweils 2,3 % und 0,6 %. Dies trifft insbesondere die Transportbranche, die von Aufträgen aus dem verarbeitenden sowie produzierenden Gewerbe und der Baubranche abhängig ist.
Und für den Rest des Jahres sind bislang laut Prof. Dr. Dirk Lohre von der Fakultät Wirtschaft und Verkehr an der Universität Heilbronn auch keinerlei Wachstumsimpulse zu erwarten. So bewegen sich die Prognosen für die sogenannten gesamtwirtschaftlichen Leitdaten wie Bruttoinlandsprodukt, privater Konsum und die Ausrüstungsnachfrage wie beispielsweise nach neuen Maschinen für 2025 seitwärts. "Ähnlich ist das auch bei dem für Deutschland wichtigen Export und Import, wo eigentlich für dieses Jahr keine wichtigen wesentlichen Impulse zu erwarten sind", so Prof. Dr. Lohre gegenüber Argus.
Doch nicht nur die schwächelnde Industrie belastet deutsche Flottenbetreiber — gleichzeitig müssen diese im Rahmen der deutschen Klimaziele die Dekarbonisierung vorantreiben. Doch sowohl die Anschaffung neuer LKWs mit nachhaltigen Antrieben, der Aufbau von entsprechender Lade- beziehungsweise Tankstelleninfrastruktur oder auch der Umstieg auf nachhaltigere Kraftstoffe wie beispielsweise HVO ist mit hohen Kosten verbunden. Diese Investitionen sind zwar notwendig, stellen Flottenbetreiber aber mit Blick auf die stagnierende Wirtschaftsleistung vor große Herausforderungen. "(…) Wir haben heute eine gesamtwirtschaftliche Situation, in der es schwierig ist, solche Dinge umzusetzen, aber irgendwann wird das Thema wieder in den Vordergrund treten. Und wenn man dann nicht wirklich weiß worauf man setzt, dann glaube ich hat man echte Nachteile.", so Josef Heiß, Geschäftsführender Gesellschafter bei BTK Logistik.
Außerdem macht auch der wachsende Fachkräftemangel in Deutschland vor der Transportbranche nicht halt. Logistiker beklagen Schwierigkeiten bei der Nachwuchssuche — was sich in einer zunehmend alternden Belegschaft spiegelt. Nach Berechnungen von Prof. Dr. Lohre waren im Jahr 2023 knapp 36 % der Kraftwagenfahrer in Deutschland 55 Jahre alt oder älter: "Und wenn Fahrer bis 60 im Durchschnitt arbeiten, heißt das, die gehen in den nächsten 5 Jahren in den Ruhestand." Dies wird die Laderaumkapazitäten, die bereits jetzt in Europa trotz der schwierigen Wirtschaftslage zu etwa 80 % ausgelastet sind, zusätzlich strapazieren. "Wir steuern auf eine Situation zu, nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa, dass uns Fahrer fehlen werden.", so Heiß. Doch nicht nur das Personal wird knapp — durch Insolvenzen und Abwanderungen von Fuhrparks vor allem nach Osteuropa verringert sich parallel auch das generelle Angebot an Laderaum.